Samstag, 19. Oktober 2013

Mathilde trifft Herrn Wassermann

Mathilde riss die Haustür auf und stürmte hinaus in den Garten.„Es regnet!“, rief die Mutter aus der Küche.„Aber das weiß ich doch“, juchzte Mathilde und hüpfte in eine große Wasserpfütze.  „Denkst du denn ich bin dumm?“Die Mutter beugte sich zum Fenster und sah Mathilde im gelben Regenmantel und den grünen Gummistiefeln über die Wiese laufen.„Nein, das bist du nicht“, murmelte sie leise vor sich hin.Mathilde trampelte und sprang auf der Wiese hin und her, und die Wassertropfen spritzten nach links und nach rechts. Das Mädchen lachte laut und nahm noch einmal Schwung, um mit beiden Füßen in einer Matschkuhle zu landen.„Aber, aber“, schimpfte da eine Stimme, „hat man denn nirgends seine Ruhe.“Mathilde staunte nicht schlecht, als sie ein kleines Gesicht mitten aus dem Matsch ansah.
„Wer bist du, und was machst du in meinem Garten?“, fragte sie.„Das ist ja wieder typisch“, entgegnete der kleine Kerl, der sich zu einer Gestalt aus Wasser und Erde formte und fast wie ein Gartenzwerg ohne Mütze aussah. „Nur weil du ein Mensch bist, denkst du, dass dir alles gehört. Aber weißt du was? Wir Wassertropfen sind frei!“Nun erkannte Mathilde, dass die Figur aus vielen Tropfen bestand. Sie alle glitzerten und hielten sich gegenseitig fest. An manchen Stellen klebte die Gartenerde, sodass sie dem Ganzen eine braune Farbe verlieh.
„Da hast du Recht“, antwortete Mathilde schnell, „der Regen fällt auch immer, obwohl Mama ihn am Liebsten abbestellen möchte.“„Ja, ja“, stöhnte da ein dicker Tropfen mitten auf der Nase der Wasserfigur, „wenn es heiß ist, dann dürfen wir die Blumen gießen, aber sonst wollen die meisten Menschen nicht nass werden.“„Ich schon, lieber Regentropfen“, rief Mathilde, „ich werde gerne nass. Ich laufe durch den Regen, hüpfe in die Pfützen und spiele mit den Tropfen, die auf meiner Mütze landen. Ich weiß,  dass es sehr, sehr wichtig ist, dass die Erde wird.“Mathilde streckte dem Tropfen ihren Zeigefinger entgegen. Er setzte sich darauf, und die anderen Tropfen und die Erde zerflossen wieder in der Matschkuhle.„Hast du auch einen Namen?“, fragte das Mädchen.„Nenn mich doch bitte Herr Wassermann“, antwortete der Tropfen etwas kleinlaut.Mathilde hob erstaunt die Augenbrauen.„Oh“, flüsterte sie. „Ist das nicht ein bisschen übertrieben?“Der Tropfen machte ein enttäuschtes Gesicht.
„Ist schon okay. Von mir aus heißt du Herr Wassermann, aber wenn du im Winter zu einer Schneeflocke geworden bist, dann werde ich dich Herr Schneemann nennen!“„Einverstanden“, blubberte Herr Wassermann, „aber jetzt lass uns erst mal in die große Wasserpfütze springen.“


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