Montag, 14. Oktober 2013

Eine Schnecke mit Haus und ein Bett für die Maus



An einem sonnigen Herbsttag entschloss sich die kleine Maus Flora, einen ausgiebigen Spaziergang zu machen, um nach einem kuscheligen  Bettchen für ihre Mausehöhle zu suchen. Der Winter stand fast vor der Tür, und da musste ihr Zuhause auf die kalten Tage und noch kälteren Nächte bestens vorbereitet sein. Sie griff nach ihrem rosa Lieblingsschal, zog die grünen Gummistiefel an und stapfte in den Herbstwald hinaus. Sie schnupperte an einer Buche, die nur noch ganz wenige gelbe Blätter an ihren Zweigen trug. Sie hüpfte über eine Wiese, die vom Tau ganz silbrig schimmerte.  Zum Glück hatte Flora ihre grünen Gummistiefel an, sonst hätte sie nasse Füße bekommen. Sie guckte nach links zum Holunderbusch und blickte nach rechts, wo Meister Lampe, das  Kaninchen, am feuchten Wiesengras knabberte.
Flora grüßte freundlich und fragte: „Meister Lampe, hast du vielleicht hier irgendwo ein kuscheliges Bett für meine Mausehöhle gesehen?“
Das Kaninchen schüttelte den Kopf, dabei flogen seine langen Ohren von einer Seite zur anderen, dann mümmelte es an einem dünnen Hölzchen.
Flora lief immer weiter, bis sie zu einem steinigen Weg kam. Sie war jetzt schon ziemlich weit weg von Zuhause und so entschied sie sich, wieder umzukehren. Da, genau in diesem Augenblick, bemerkte sie ein großes, rotes, wundervolles Ahornblatt. Es hatte genau die richtige Größe für Floras Schlafzimmer, die Farbe war einfach umwerfend und eine kleine Maus hatte Platz genug, um sich darin einzukuscheln.
„Perfekt“, jubelte Flora, stürzte sich auf den Blattstängel und zog ihn in Richtung Mausehöhle.
„Halt!“, tönte da eine verschlafene Stimme. Auf der Blattunterseite bewegte sich etwas. Flora staunte nicht schlecht, als sich eine winzige Schnecke, samt Häuschen, ihren Weg ans Tageslicht bahnte.
„Was machst du mit meiner Höhle?“, fragte die Schnecke.
„Pah“, tönte Flora, „was redest du da? Du hast ein eigenes Haus und gönnst mir meine Bettdecke nicht!“
„Also ich bin Fax. Ich habe ein Haus und trotzdem habe ich diese Höhle. Damit wir nicht nass werden, mein Haus und ich.“
„So ein Unfug“, schimpfte Flora und stemmte ihre kleinen Fäuste in die Seiten, „Häuser dürfen ruhig nass werden. Ich brauche das Blatt, damit es mich im Winter wärmt in meiner Mausehöhle.“
Fax legte die Stirn in Falten, das tat er immer, wenn er überlegte. Und er überlegte lange, sehr lange. Doch dann sagte er den entscheidenden Satz: „Ich war übrigens zuerst da.“
Da hatte er verflixt nochmal Recht. Flora wollte aber dieses tolle Blatt nicht wieder hergeben. Sie nörgelte ein bisschen, sagte fünfmal: „Bitte“ und dann drückte sie auch noch eine Träne aus dem linken Auge. Es half nichts! Fax wollte das Blatt für sich behalten. Doch plötzlich hatte Flora eine fantastische Idee.
„Was hältst du davon, wenn du den Winter über bei mir wohnst?“, flüstere sie.
„Was?“, fragte Fax energisch, obwohl er die Frage sehr gut verstanden hatte.
„Willst du mit deinem Haus zusammen mit mir den Winter in meiner Mausehöhle verbringen? Mit deinem Blatt natürlich.“
Fax stellte seine kleinen Fühler in die Höhe. Er antwortete nicht sofort, aber sein kleines Schneckenherz machte vor Freude einen Hüpfer. In einer warmen Höhle zu überwintern und in kalten, dunklen Nächten nicht allein zu sein, das war wie ein schöner Traum.
„Was ist nun? Entscheide dich, sonst suche ich weiter nach einem anderen Blatt“, drängelte Flora. Sie meinte das natürlich nicht ernst. Der Gedanke,  den Winter nicht alleine verbringen zu müssen, gefiel ihr nämlich sehr.
„Kannst du mich und das Blatt tragen?“, fragte Fax schließlich.
„Ja“, juchzte Flora, „ja! Ich trage dich und das Blatt und dein Häuschen.“
Die kleine Maus hüpfte aufgeregt hin und her, dann griff sie den Blattstängel und zog kräftig. Die grünen Gummistiefel stapften über die nasse Wiese.
„Wir gehen jetzt nach Hause und genießen die letzten Herbsttage. Später dann kuscheln wir uns ein“, trällerte Flora.
„Oh ja“, sagte Fax, „dann warten wir auf den Weihnachtsmann.“


So waren die Maus Flora und die Schnecke Fax sehr zufrieden und verbrachten eine tolle Zeit zusammen.

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